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KammerInfo |
Ausgabe Nr. 11/2023 vom 20. Dezember 2023 |
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Fremdbesitzverbot: Anwält:innen sehen keinen Bedarf für Kapitalinvestoren in Kanzleien |
Das sowohl in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) als auch in der Patentanwaltsordnung (PAO) verankerte sog. Fremdbesitzverbot untersagt es der (Patent-)Anwaltschaft derzeit, reine Kapitalinvestoren in ihre Kanzleien zu holen. Dies sichert die Unabhängigkeit (patent-)anwaltlicher Beratung, unter anderem vor Einflussnahme von Investoren auf die Mandatsführung und -auswahl unter Rentabilitätsgesichtspunkten. Mit Blick auf Legal Tech-Unternehmen wird jedoch von manchen eine Lockerung gefordert. Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien sieht eine Überprüfung des Fremdbesitzverbots vor.
Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat mit einer im Oktober und November 2023 mit Unterstützung von BRAK und Rechtsanwaltskammern durchgeführten Umfrage ergründet, ob die Anwaltschaft überhaupt Bedarf für die Beteiligung von reinen Kapitalinvestoren an (patent-)anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften sieht und wie sie mögliche Konflikte mit der anwaltlichen Unabhängigkeit einstuft.
Die Anfang Dezember von der BRAK veröffentlichten Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass eine deutliche Mehrheit der (Patent-)Anwältinnen und Anwälte keine Lockerung des Fremdbesitzverbots möchte. 62,57 % lehnen eine Lockerung generell ab, weitere 27,69 % lehnen eine Lockerung zwar nicht generell ab, sehen hierfür aber keinerlei Bedarf; nur 7,72 % halten eine Lockerung für notwendig.
79,58 % der Befragten sprechen sich sogar deutlich gegen die Aufnahme reiner Kapitalgeber aus. 72,83 % sehen Gefahren für die anwaltlichen Kernpflichten (insbesondere Unabhängigkeit, Verschwiegenheit, Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen) und glauben nicht, dass sich diese Gefahren durch gesetzliche Regelungen eindämmen ließen.
Auch die Beteiligung Dritter am Gewinn von Anwaltskanzleien wird weit überwiegend kritisch gesehen. 71,23 % der Teilnehmenden würden auf keinen Fall Finanzierungen mit Gewinnbeteiligung in Anspruch nehmen. 72,30 % denken, dass die Beteiligung Dritter am Gewinn ebenfalls Gefahren für die anwaltlichen Kernpflichten mit sich brächte, die sich auch durch gesetzliche Vorgaben nicht hinreichend eindämmen lassen.
Die Umfrage ermöglichte außerdem Freitextantworten. Diese fielen weit überwiegend kritisch gegenüber einer Lockerung des Verbots aus. Dabei wurden Aspekte wie Kommerzialisierung, Vernachlässigung von Mandanteninteressen, Begrenzung des Zugangs zum Recht sowie negative Erfahrungen mit Fremdbesitz bei den medizinischen Berufen angeführt. Die vereinzelten befürwortenden Kommentare thematisierten insbesondere, dass Fremdkapital und Gewinnbeteiligungen für Gründer eine wertvolle Unterstützung sein könnten. |
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Wettbewerbsrecht: BRAK nimmt Stellung zu Eckpunkten des Bundeswirtschaftsministeriums |
Anfang November ist die 11. GWB-Novelle in Kraft getreten, mit der das Bundeskartellamt die Möglichkeit erhalten hat, auf Basis einer Sektoruntersuchung bei Wettbewerbsstörungen in Märkte einzugreifen. Das Gesetz ist Teil der wettbewerbspolitischen Agenda des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), in der zehn Eckpunkte für seine sozial-ökologische Wirtschaftspolitik bis 2025 festgehalten sind. Zur weiteren Umsetzung dieser Agenda, insbesondere auch unter Berücksichtigung von Energiekrise und Inflation, hat das BMWK eine öffentliche Konsultation durchgeführt, mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb zu verbessern.
An der Konsultation hat sich die BRAK mit einer Stellungnahme ihres Ausschusses Kartellrecht beteiligt. Darin äußert sie sich zu den aufgeworfenen wettbewerbspolitischen Fragen und unterbreitet aus Sicht der anwaltlichen Praxis Vorschläge zur Anpassung des deutschen Kartellrechts eingebracht. Diese betreffen insbesondere die wettbewerbspolitische Agenda des BMWK im Allgemeinen, eine etwaige Reform des Instruments der Fusionskontrolle und des Ministererlaubnisverfahrens, den möglichen Beitrag der Wettbewerbspolitik zum Erreichen der übergesetzlichen Nachhaltigkeitsziele, den Änderungsbedarf des wirtschaftlichen Verbraucherrechts sowie die Überarbeitung der Verfahrensregeln zur Durchsetzung von Kartellschadensersatz. |
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Einführung von Commercial Courts |
Mit der Einführung von sog. Commercial Courts will die Bundesregierung den Justiz- und Wirtschaftsstandort Deutschland stärken. Diese speziellen Spruchkörper sollen an Oberlandesgerichten bzw. Obersten Landesgerichten eingerichtet werden können. Sie sollen über Wirtschaftsstreitigkeiten mit Streitwerten von mehr als 1 Mio. Euro in englischer Sprache und mit angepassten Verfahrensregeln entscheiden können.
Zu dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit hat die BRAK sich mit einer Stellungnahme geäußert. Dieser entspricht in großen Teilen dem Referentenentwurf, zu dem die BRAK ebenfalls eine Stellungnahme abgegeben hatte. Die BRAK sieht tatsächlichen Bedarf für die Einführung von Commercial Courts. Sie begrüßt daher das Vorhaben, das sie inhaltlich im Zusammenhang mit den Bestrebungen der Justizorganisationen sieht, die Anwendung des deutschen Rechts auch im Ausland zu fördern, unter anderem im Rahmen des „Bündnisses für das deutsche Recht“ und der Kampagne „Law – Made in Germany“, an denen die BRAK beteiligt ist.
Bereits in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf hatte die BRAK differenzierte Anmerkungen zu den einzelnen Regelungsvorschlägen gemacht. Sie befürwortet insbesondere, dass ein für die Parteien während der Verhandlung mitlesbares Wortprotokoll eingeführt werden soll und dass Unterlagen auch in englischer Sprache eingereicht werden können sollen. Soweit der Regierungsentwurf Änderungen enthält, begrüßt die BRAK diese.
Am 13.12.2023 fand zum Justizstandort-Stärkungsgesetz eine Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags statt, bei der BRAK-Vizepräsidentin Sabine Fuhrmann als Sachverständige auftrat. Den weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens wird die BRAK ebenfalls begleiten. |
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Massenklagen: BRAK befürwortet geplante Leitentscheidungen durch Bundesgerichtshof |
Der Bundesgerichtshof (BGH) soll künftig in zivilrechtlichen Massenverfahren etwa gegen Automobilhersteller, Banken oder Versicherungen wichtige Rechtsfragen durch Leitentscheidungen vorab klären können. Das soll auch dann gelten, wenn eine Revision zurückgenommen wird. Die Instanzgerichte sollen dazu die Möglichkeit erhalten, bei ihnen anhängige Verfahren auszusetzen, wenn sie von der Beantwortung der Rechtsfrage abhängen, die der BGH im Leitentscheidungsverfahren beantworten wird. Dies sieht der im August von der Bundesregierung beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim BGH vor.
Die BRAK hatte sich bereits früher im Zusammenhang mit der Bewältigung von Massenverfahren dafür ausgesprochen, dem BGH die Klärung von Rechtsfragen vorab zu ermöglichen, die für eine Vielzahl von bei den Instanzgerichten anhängigen Verfahren relevant sind. Sie unterstützt daher das Ziel des Entwurfs, die Zivilgerichtsbarkeit bei der Bewältigung von Massenverfahren zu entlasten.
Einzelne Regelungen hält die BRAK, auch in der Fassung des Regierungsentwurfs, noch verbesserungsfähig; sie hatte dazu bereits in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf Anregungen für Änderungen gegeben. Dies betrifft unter anderem das Erfordernis einer Zustimmung der Parteien vor Aussetzung ihres von einer beabsichtigten Leitentscheidung des BGH betroffenen Verfahrens. Die BRAK bleibt zudem bei ihrer Einschätzung, dass ein Gesamtkonzept zur Bewältigung von Massenverfahren wünschenswert wäre.
Am 13.12.2023 fand zu dem Vorhaben eine Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags statt, bei der Rechtsanwalt beim BGH Dr. Michael Schultz (BRAK-Ausschuss ZPO/GVG) für die BRAK als Sachverständiger auftrat. Den weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens wird die BRAK ebenfalls begleiten. |
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Wachstumschancengesetz: BRAK fordert erneut Wahrung des Mandatsgeheimnisses |
Das umstrittene Wachstumschancengesetz soll nach dem Willen des Bundesministeriums der Finanzen Investitionsimpulse und mehr Steuerfairness schaffen. Zudem sollen neue Meldepflichten für Beraterinnen und Berater sowie Steuerpflichtige bei nationalen Steuergestaltungen eingeführt werden. Dagegen hat die BRAK bereits in einer Ende Juli veröffentlichten Stellungnahme vehement protestiert, weil dies die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht der rechts- und steuerberatenden Berufe verletzen würde.
Der Gesetzentwurf sieht außerdem verpflichtende elektronische Rechnungen für die rechts- und steuerberatenden Berufe vor. Unter anderem sollen zwingend die Leistungsempfänger – also die Mandanten – anzugeben und zudem Angaben zur Leistung zu machen sein. Auch diese Umstände unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Die BRAK hat daher auch diesen Teil des Entwurfs entschieden kritisiert.
Der Bundesrat beschloss in seiner Sitzung am 24.11.2023, den Entwurf in den Vermittlungsausschuss zu überweisen. Die Länder fordern eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzes. Ein Termin für die Behandlung des Gesetzes im Vermittlungsausschuss steht noch nicht fest.
Die BRAK hat sich mit einem Schreiben ihrer Schatzmeisterin Leonora Holling an die Vorsitzende des Vermittlungsausschusses gewandt und erneut auf die gravierenden Bedenken hingewiesen, die die BRAK gegen einzelne Aspekte des Gesetzentwurfs hat. Dies betrifft insbesondere die geplante Meldepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen, gegen die sich auch die Bundessteuerberaterkammer und der Deutsche Steuerberaterverband aussprechen. Sie äußert darin zudem erneut die erheblichen Bedenken gegen die Einführung der verpflichtenden elektronischen Rechnung. Holling betont die erhebliche Bedeutung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht für die fachgerechte Vertretung von Mandantinnen und Mandanten sowie auch für das Vertrauen der Bevölkerung in den Berufsstand der Rechtsanwaltschaft und appelliert an die Länder, im Rahmen der Beratung im Vermittlungsausschuss zu berücksichtigen. |
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BRAK begrüßt einheitlichen elektronischen Rechtsverkehr für Bundesgerichte |
Die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof (BGH) und Bundespatentgericht (BPatG) (BGH/BPatGERVV) regelt derzeit die Einreichung elektronischer Dokumente durch den Generalbundesanwalt beim BGH in Revisionsstrafsachen sowie die Einreichung beim BGH und BPatG in Verfahren nach dem Patent-, dem Gebrauchsmuster-, dem Marken-, dem Halbleiterschutz- und dem Designgesetz. Unter anderem die Signaturerfordernisse und zulässigen Dateiformate weichen von den allgemeinen Regelungen für die anderen Gerichtsbarkeiten ab.
Nach Ansicht des Bundesministeriums der Justiz erschwert dieses Nebeneinander unterschiedlicher Vorgaben zum elektronischen Rechtsverkehr zunehmend die Rechtsanwendung und führt zu nicht sachgerechten Unterschieden bei den Standards für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten. Zudem hätten sich die abweichenden Standards zunehmend als hinderlich und fehleranfällig erwiesen. Das Ministerium plant deshalb, die BGH/BPatGERVV zum 1.4.2024 aufzuheben. Künftig sollen für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten einheitlich die Vorschriften der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) gelten.
Die BRAK begrüßt die Angleichung des elektronischen Rechtsverkehrs beim BGH und beim BPatG in den genannten Verfahren an die allgemeinen Vorschriften für die Einreichung elektronischer Dokumente. |
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World Justice Project - Umfrage über Erfahrungen mit Justiz, Verwaltung und Rechtsstaatlichkeit |
Ende Oktober 2023 hat die BRAK mit BRAK-RS 407/2023 über den aktuellen Rule of Law Index 2023 des World Justice Project informiert. Nun wird vom World Justice Project in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission ein weiteres Projekt aufgesetzt: Die sog. „Subnational Rule of Law Study“. Mit dieser Umfrage sollen Aussagen über Erfahrungen mit Justiz, Verwaltung und Rechtsstaatlichkeit getroffen werden. Dazu sollen neben „normalen Haushalten“ auch Rechtsexperten für den Bereich Ziviljustiz und Strafjustiz befragt werden. Die Umfrage kann nur zu belastbaren Ergebnisse führen, wenn möglichst viele daran teilnehmen. Insofern würden wir uns freuen, wenn Sie selbst daran teilnehmen und/oder die Umfrage unter ihren Mitgliedern verteilen.
Die WJP-Expertenumfrage umfasst über 600 Fragen, die in vier verschiedene Fragebögen unterteilt sind: "Strafjustiz", "Ziviljustiz-A", "Ziviljustiz-B" und "Staatsführung und Rechtsstaatlichkeit". Zur Übersicht sind diese hier in der englischen Version (im PDF-Format) beigefügt. Die Umfrage wird aber nur online durchgeführt wird und ist in mehreren Sprachen verfügbar.
Rechtsexperten können sich bei Interesse über den folgenden Link registrieren, um die Fragebögen online auszufüllen: https://s.alchemer.com/s3/WJP-EU-Registration. |
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Rechtsprechungsübersicht OLG Hamm Dezember 2023 |
Die Rechtsprechungsübersicht des OLG Hamm für Dezember 2023 finden Sie hier. |
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Seminare der Rechtsanwaltskammer Hamm |
Sie können in der nächsten Zeit noch an folgenden Seminaren der Rechtsanwaltskammer Hamm teilnehmen:
Die Teilnahmegebühr beträgt 90,00 €. Bitte beachten Sie unsere Anmeldebedingungen. |
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beA-Newsletter |
Den aktuellen beA-Newsletter finden Sie hier. |
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Nachrichten aus Brüssel |
Die aktuellen Nachrichten aus Brüssel finden Sie hier. |
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Impressum
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Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm
Körperschaft des öffentlichen Rechts, vertreten durch den Präsidenten,
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Redaktion und Bearbeitung: RA Stefan Peitscher
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Der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm
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