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KammerInfo |
Ausgabe Nr. 3/2024 vom 23. Februar 2024 |
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Schlichtungsstelle: weniger Anträge, gleichbleibend hohe Akzeptanz und höhere Einigungsquote |
Der zum 1.2.2024 veröffentlichte Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft dokumentiert eine weiterhin hohe Akzeptanz der Schlichtungsstelle in der Anwaltschaft. Aufgabe der unabhängigen Schlichtungsstelle ist es, in vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen Anwältinnen und Anwälten und ihrer Mandantschaft zu schlichten. Wie im Vorjahr betrafen etwa 55 % der erledigten Verfahren (auch) Schadensersatzforderungen, die übrigen Verfahren betrafen Gebührenstreitigkeiten.
Im Vergleich zum Vorjahr gingen etwa 7 % weniger Schlichtungsanträge ein. Die Schlichtungsstelle führt dies jedoch nicht etwa auf ein nachlassendes Interesse an Schlichtung zurück, sondern auf eine konsequentere Aufklärung, vor allem durch Hinweise im Rahmen des neu gestalteten Online-Formulars, über das inzwischen gut zwei Drittel aller Schlichtungsanträge gestellt werden.
Die Teilnahmebereitschaft an dem freiwilligen Schlichtungsverfahren liegt mit knapp 90 % weiterhin sehr hoch. Die Einigungsquote in den abgeschlossenen Schlichtungsverfahren nahm um 1 % gegenüber dem Vorjahr zu und lag bei etwa 64 %.
Im Vergleich zum Vorjahr mussten 6 % weniger Schlichtungsanträge als unzulässig oder aussichtslos abgelehnt werden. Häufigster Ablehnungsgrund waren dabei wie in den Vorjahren fehlende Erfolgsaussichten, etwa weil die Fronten zwischen den Parteien so verhärtet sind, dass eine Einigung unmöglich erschien. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der aussichtslosen Anträge jedoch um etwa 10 %. Konstant niedrig blieb die Zahl der Schlichtungsverfahren, die ergebnislos beendet wurden, weil der Antragsgegner nicht (weiter) am Verfahren teilnehmen wollte.
In rund 70 % der unterbreiteten Schlichtungsvorschläge schlug die Schlichtungsstelle ein gegenseitiges Nachgeben vor, etwa 30 % enthielten einen Vorschlag ausschließlich zugunsten einer Partei des Schlichtungsverfahrens.
Die durchschnittliche Dauer eines Schlichtungsverfahrens betrug ca. 56 Tage und damit weiterhin deutlich weniger als die gesetzlich vorgegebenen maximal 90 Tage. Im Vergleich zum Vorjahr konnte die Gesamtverfahrensdauer von Eingang des Antrags bis zur Abschlussmitteilung nochmals um 9 % verkürzt werden.
Als Hauptgründe für die Entstehung von Streitigkeiten aus dem Mandatsverhältnis identifiziert die Schlichtungsstelle unzureichende Kommunikation unter den Parteien und fehlende Transparenz bei der Vergütungsabrechnung. In Aufklärung und klarer Kommunikation sieht sie zugleich den Schlüssel, um das Entstehen von Streitigkeiten zu vermeiden.
Der Tätigkeitsbericht informiert zudem im Detail über den Ablauf und die Gegenstände der Schlichtungsverfahren, die betroffenen Rechtsgebiete sowie Anzahl, Inhalt und Ergebnis der Schlichtungsvorschläge bzw. über die Art der Verfahrenserledigung. Er enthält außerdem Informationen zum organisatorischen Aufbau der Schlichtungsstelle sowie statistische Aufstellungen und beispielhafte, anonymisierte Schlichtungsfälle. |
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BRAK-Podcast: Entfremdung zwischen Anwaltschaft und Justiz |
Was ist dran an der These, dass sich Anwaltschaft und Justiz entfremdet haben? Aufgestellt wurde sie im Abschlussbericht der vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenen Studie zu den Ursachen des Rückgangs der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten. Dort heißt es u.a., es werde zunehmend eine Entfremdung und Skepsis zwischen Anwaltschaft und Richterschaft wahrgenommen, insbesondere werfe man sich gegenseitig fehlende professionelle Prozessvorbereitung vor. Die „kurz&knackig“-Folge des Podcasts „(R)ECHT INTERESSANT!“ geht dieser Frage auf den Grund. Hans Ulrich Otto, Präsident der Rechtsanwaltskammer Hamm, und Gudrun Schäpers, Präsidentin des OLG Hamm, sind ihr in einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe der Kammer und des OLG nachgegangen. Sie schildern ihre Erfahrungen und diskutieren eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen für das Zivilverfahren. Eine Entfremdung von Anwaltschaft und Justiz können jedenfalls sie nicht feststellen. |
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Programm für junge Anwältinnen und Anwälte in Paris |
Bereits seit den 1990er Jahren richtet die Pariser Anwaltskammer jährlich ihr „Stage International“-Programm aus. Das Programm findet im Oktober und November 2024 in französischer Sprache in Paris statt und richtet sich an junge Anwältinnen und Anwälte, die sich für die Anwaltstätigkeit in Frankreich interessieren. Die Teilnehmenden werden an der „Ecole de Formation du Barreau“ (EFB) von renommierten Professorinnen und Professoren sowie Anwältinnen und Anwälten über die Berufsethik, das Rechtssystem und Gerichtsverfahren in Frankreich unterrichtet. Abschließend lernen sie die berufliche Praxis in einer Pariser Anwaltskanzlei kennen. Nicht zuletzt dient das Programm auch dem rechtsvergleichenden Austausch und dem Knüpfen internationaler Kontakte.
Die Kosten des Programms trägt die Pariser Anwaltskammer. Anreise und Unterkunft müssen die Teilnehmenden selbst finanzieren.
Teilnehmende müssen nachweisen, dass sie bei einer Rechtsanwaltskammer eingetragen sind und über ausreichende Französischkenntnisse verfügen. Das Programm richtet sich an praktizierende Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die nicht älter als 40 Jahre sind. Unter bestimmten Voraussetzungen können sich auch Referendarinnen und Referendare bewerben.
Eine Bewerbung ist über untenstehenden Link bis zum 12.4.2024 möglich.
Mit Fragen wenden Sie sich bitte an: stageinternational(at)avocatparis(dot)org. |
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Reminder: Umfrage über Erfahrungen mit Justiz, Verwaltung und Rechtsstaatlichkeit |
Die Europäische Kommission will in Zusammenarbeit mit dem World Justice Project (WJP) die Erfahrungen mit Justiz, Verwaltung und Rechtsstaatlichkeit im Alltag eruieren. Dazu sollen neben „normalen Haushalten“ auch Rechtsexpertinnen und -experten für die Bereiche Ziviljustiz und Strafjustiz befragt werden; dazu zählen auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Das Projekt wird von der EU finanziert und ergänzt andere Forschungsaktivitäten des WJP mit dem Ziel, die Rechtsstaatlichkeit weltweit voranzutreiben.
Die Expertenumfrage umfasst insgesamt über 600 Fragen, die in vier verschiedene Fragebögen unterteilt sind: „Strafjustiz“, „Ziviljustiz-A“, „Ziviljustiz-B“ und „Staatsführung und Rechtsstaatlichkeit“. Die Umfrage wird ausschließlich online durchgeführt wird und ist in mehreren Sprachen verfügbar.
Rechtsexpertinnen und -experten können wahlweise vollständig anonym an der Umfrage (oder an einzelnen Teilen) teilnehmen oder ihren Namen und ihre Organisationszugehörigkeit in die öffentliche Liste der Sachverständigen der EU-Indikatoren für Justiz, Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit aufnehmen lassen. Sie erhalten als Anerkennung ihrer Expertise eine digitale Kopie des veröffentlichten Berichts und ein Teilnahmezertifikat.
Die Teilnahme an der Umfrage ist noch bis zum 6.3.2024 möglich. |
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Neue Pkh-Freibeträge seit 1.1.2024 |
Wer einen Prozess führen will, muss zunächst eigenes Vermögen einsetzen. Reicht dies nicht, kann man auf Antrag unter bestimmten, in §§ 114 ff. ZPO festgelegten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe erhalten. Im Rahmen der Prüfung der persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse werden vom Einkommen bestimmte Freibeträge abgezogen, die den Rechtsuchenden für ihren Lebensunterhalt verbleiben sollen. Diese werden jährlich in der Prozesskostenhilfebekanntmachung festgelegt.
Die maßgebenden Beträge nach der Prozesskostenhilfebekanntmachung zu § 115 ZPO, die nach § 115 I 3 Nr. 1b, Nr. 2 ZPO vom Einkommen der Parteien abzusetzen sind, wurden insgesamt erhöht. Die nunmehr seit dem 1.1.2024 geltenden Beträge wurden in der Prozesskostenhilfebekanntmachung 2024 vom 22.12.2023 bekanntgemacht und am 27.12.2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Die seit dem 1.1.2024 maßgeblichen Freibeträge im Bund betragen nunmehr:
1. für Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen (§ 115 I 3 Nr. 1 lit. b ZPO)
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282 Euro
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2. für Partei, Ehegatte oder Lebenspartner (§ 115 I 3 Nr. 2 lit. a ZPO)
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619 Euro
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3. für unterhaltsberechtigte Erwachsene (§ 115 I 3 Nr. 2 lit. b ZPO; Regelbedarfsstufe 3)
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496 Euro
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4. für unterhaltsberechtigte Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 115 I 3 Nr. 2 lit. b ZPO; Regelbedarfsstufe 4)
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518 Euro
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5. für unterhaltsberechtigte Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (§ 115 I 3 Nr. 2 lit. b ZPO; Regelbedarfsstufe 5)
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429 Euro
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6. für unterhaltsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (§ 115 I 3 Nr. 2 lit. b ZPO; Regelbedarfsstufe 6)
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393 Euro
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Erhöht wurden neben den bundesweit geltenden Freibeträgen auch die etwas höheren Freibeträge, die seit 2021 für die bayerischen Landkreise Fürstenfeldbruck, Starnberg und München sowie für die Landeshauptstadt München gelten (vgl. § 115 I 5 ZPO). Diese sind der Tabelle in der Prozesskostenhilfebekanntmachung zu entnehmen. |
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Abschiebungshaft: Künftig verpflichtende anwaltliche Vertretung von Betroffenen |
Das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung soll durch verschiedene Maßnahmen sicherstellen, dass Menschen ohne Bleibeperspektive künftig schneller in ihre Heimatländer zurückgeführt werden können. Unter anderem sind darin erweiterte Durchsuchungsmöglichkeiten und eine Ausdehnung des Ausreisegewahrsams vorgesehen.
In seiner Sitzung am 18.1.2024 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz beschlossen. Zuvor war durch den Ausschuss für Inneres und Heimat noch kurzfristig eine Ergänzung aufgenommen worden. Nach dem neuen § 62d Aufenthaltsgesetz sollen Ausländer bei Anordnung von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam verpflichtend einen anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten erhalten.
Hintergrund ist, dass Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam eine Freiheitsentziehung darstellen. Durch die Pflichtbestellung soll den Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, mithilfe einer anwaltlichen Vertretung ihre Rechte in dem für sie in der Regel unbekannten Verfahren der Anordnung der Abschiebehaft bzw. des Ausreisegewahrsams geltend zu machen. Aufgrund der Komplexität der Materie und der Bedeutung des Eingriffs müsse es sich dabei um einen fachkundigen Rechtsanwalt bzw. eine fachkundige Rechtsanwältin handeln.
Da es sich bei der Abschiebungshaft und dem Ausreisegewahrsam nicht um eine Strafhaft handelt, sind die Regelungen zur Pflichtverteidigung (§§ 140 ff. StPO) nicht anwendbar. Daher wurde eine eigenständige Regelung geschaffen. Zur besseren Sichtbarkeit wurde sie unmittelbar in das Aufenthaltsgesetz bei den Vorschriften zur Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam eingefügt.
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hatte die BRAK auf die weitreichenden Eingriffe unter anderem in das Grundrecht auf Freiheit, die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht auf Privatsphäre hingewiesen und zudem auf eine Reihe von Faktoren aufmerksam gemacht, welche die anwaltliche Beratung in derartigen Verfahren erheblich erschweren.
Der Bundesrat billigte den Beschluss des Bundestags am 2.2.2024, indem er auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtete. Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten kann das Gesetz in Kraft treten. |
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Verdeckte Ermittler und V-Leute: Geplante Neuregelungen |
Mit dem Einsatz von verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schwere Grundrechtseingriffe verbunden. Mit dem Ende Dezember 2023 vorgelegten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Regelung des Einsatzes von verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen sowie zur Tatprovokation will das Bundesministerium der Justiz die Voraussetzungen für den Einsatz dieser Ermittlungsinstrumente klar definieren. Dadurch soll ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Bedürfnis nach effektiver Strafverfolgung einerseits und rechtsstaatlich gebotener Transparenz und Kontrolle andererseits.
Der Entwurf enthält außerdem Regelungen zur sog. Tatprovokation. Damit sollen erstmals Regelungen geschaffen werden, unter welchen Voraussetzungen verdeckte Ermittler und V-Personen Beschuldigte im Zusammenhang mit der Verfolgung einer Straftat zu strafbarem Verhalten verleiten dürfen. Zudem sollen auch die Folgen unzulässiger Tatprovokation geregelt werden.
Die BRAK hat sich in zwei Stellungnahmen ihres Ausschusses Strafprozessrecht sowie des Strafrechtsausschusses (Strauda) ausführlich mit dem Entwurf befasst. Darin begrüßt sie, dass der Gesetzgeber nach jahrelangen Diskussionen jetzt endlich spezialgesetzliche Grundlagen für derart grundrechtssensible Ermittlungsinstrumente wie den Einsatz von V-Personen und die staatliche Tatprovokation schaffen will.
Sie äußert sich in beiden Stellungnahmen sehr differenziert zu den einzelnen Regelungsvorschlägen und deren Systematik. Dabei spricht sie auch Punkte an, die aus ihrer Sicht hätten mitbedacht werden müssen. Insbesondere kritisiert sie, dass die Voraussetzungen und Grenzen für den Einsatz von Tatprovokation zum Teil ausfüllungsbedürftig seien und über die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesgerichtshofs hinausgingen. Die BRAK plädiert insofern für eine strengere Fassung der Durchführungsvoraussetzungen.
Sie kritisiert zudem, dass der Entwurf keine Regelungen für den Einsatz sog. nicht offen ermittelnder Polizeibeamter (noeP) enthält. Für solche nur gelegentlich verdeckt ermittelnden Beamten, die in der Praxis etwa für Scheinaufkäufe von Betäubungsmitteln, Falschgeld oder Waffen eingesetzt werden, bedürfe es ebenfalls einer speziellen Ermächtigungsgrundlage. |
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BRAK begrüßt Pläne für effektivere Kapitalanleger-Musterverfahren |
Mit dem zweiten Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) will das Bundesministerium der Justiz dieses Gesetz zu einem sowohl für die Gerichte als auch die geschädigten Anleger effektiven Instrument bei der Bewältigung von Massenverfahren mit kapitalmarktrechtlichem Bezug fortentwickeln. Das im Jahr 2012 eingeführte KapMuG bietet ein zivilprozessuales Musterverfahren vor den Oberlandesgerichten speziell für Ansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener Kapitalmarktinformation. Die individuellen Verfahren werden dabei bis zum Musterentscheid ausgesetzt und dann auf dessen Basis abgeschlossen.
Der Ende Dezember vorgelegte Referentenentwurf des Ministeriums sieht vor, das KapMuG-Verfahren als besonderes Instrument für kapitalmarktrechtliche Massenverfahren unter anderem neben der erst im Oktober 2023 in Kraft getretenen Abhilfeklage nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz zu erhalten. Das Verfahren soll aber fortentwickelt und insbesondere die elektronische Aktenführung bereits zum 1.1.2025 – statt erst ein Jahr später wie für die Gerichte im übrigen – eingeführt werden.
In ihrer Stellungnahme begrüßt die BRAK dieses Ziel. Sie kritisiert jedoch die inkonsistente Regelung des Verhältnisses zwischen dem KapMuG und der Abhilfeklage; diese Kritik hatte sie auch bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Abhilfeklage angebracht.
Zu den einzelnen im Entwurf vorgesehenen Änderungen äußert die BRAK sich differenziert. Sie begrüßt ausdrücklich, dass die bislang in § 8 KapMuG normierte Zwangsaussetzung gestrichen werden soll. Durch die Möglichkeit, das Verfahren frei zu wählen, werde die Parteiautonomie gestärkt, was die BRAK ebenfalls befürwortet.
Dass künftig die Oberlandesgerichte autonom die Feststellungsziele für das Musterverfahren formulieren können sollen, begrüßt die BRAK, wie bereits in ihrer Stellungnahme im Rahmen der Evaluierung des KapMuG im Jahr 2019. Sie weist jedoch darauf hin, dass hierfür die vorgesehene knappe Sachverhaltswiedergabe nicht genügen dürfte.
Kritisch sieht die BRAK die Einführung einer Zwei-Monats-Frist für den Antrag auf Erweiterung des Musterverfahrens. Das Ergebnis dürfe nicht sein, dass neue Tatsachen oder neu erwachsene Rechtsfragen nur binnen dieser zwei Monate in das Verfahren eingebracht werden können.
Dass die elektronische Aktenführung in KapMuG-Verfahren um ein Jahr vorgezogen werden soll, begrüßt die BRAK ausdrücklich. Die Digitalisierung der Verfahrensakten ist ein Grundsatzthema, das die BRAK auch in Bezug auf andere Verfahrensarten verfolgt. Vor allem für Musterverfahren hält sie die flächendeckende Digitalisierung der Verfahrensakten und damit auch eine zügigere Möglichkeit der Akteneinsicht für förderlich, um Verfahren effektiver zu führen. |
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Bürokratieabbau: Schriftform aus Sicht der BRAK in vielen Fällen verzichtbar |
Mit dem im Januar vorgelegten Entwurf für ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung will das Bundesministerium der Justiz Abläufe vereinfachen und so unnötigen Verwaltungsaufwand reduzieren. Unter anderem setzt der Entwurf darauf, Formerfordernisse abzuschaffen oder zu reduzieren, damit mehr Rechtsgeschäfte ohne Medienbrüche abgewickelt werden können. Der Entwurf ist Teil eines ressortübergreifenden Bürokratieabbaupakets, zu dem auch das umstrittene Wachstumschancengesetz gehört. Entbürokratisierung hatten sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt.
In ihrer Stellungnahme zu dem Referentenentwurf äußert die BRAK sich differenziert zu den einzelnen geplanten Regelungen. Das Wegfallen der gesetzlichen Schriftform hält sie überall dort für unbedenklich, wo ihr Zweck – unter anderem Rechtssicherheit und Schutz vor Übereilung – entweder anders gewährleistet ist oder nur geringere Bedeutung hat. Dies gilt etwa für die geplanten Änderungen bei der Beschlussfassung in Vereinen oder bei bestimmten Vereinbarungen im Miet- und Pachtrecht. Dass nunmehr Zeugnisse bei dauernden Dienstverhältnissen in elektronischer Form möglich werden sollen, spiegelt aus Sicht der BRAK die Realität besser wider, da in Bewerbungen ohnehin regelmäßig die Arbeitszeugnisse digital beigefügt werden.
Bedenken äußert die BRAK jedoch dagegen, den Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung seiner Wohnung in Textform zu ermöglichen. Hier sei es wichtig, Beweiszweifel über den fristgemäßen Zugang zu vermeiden.
Kritisch sieht die BRAK die geplante Streichung von § 7a Unterhaltsvorschussgesetz. Die Vorschrift schließt den Regress der Unterhaltsvorschusskasse gegen einen Unterhaltspflichtigen aus, der nur Leistungen nach dem SGB II bezieht. Sie dient dem Schuldnerschutz und soll vermeiden, dass die Sozialbehörden Geld für die von vornherein aussichtslose Durchsetzung übergegangener Unterhaltsansprüche aufwenden. Die geplante Streichung der Vorschrift hat aus Sicht der BRAK mit Bürokratieabbau nichts zu tun, sondern bewirkt eine Schlechterstellung von SGB II-Leistungsempfängern. Die BRAK fordert daher statt einer Streichung, die Vorschrift parallel zu anderen Bereichen des Sozialrechts als echten Regressausschluss auszugestalten.
Grundsätzliche rechtsstaatliche Bedenken erhebt die BRAK gegen die vorgesehene Verkürzung der Äußerungsfrist im Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren bei Umweltverträglichkeitsprüfungen. Den Betroffenen werde so faktisch die Möglichkeit abgeschnitten, von Vorgängen Kenntnis zu nehmen und sich, ggf. nach anwaltlicher Beratung, zu ihnen angemessen zu äußern; damit stünden sie ohne Rechtsschutz da.
Der Entwurf sieht darüber hinaus Änderungen im anwaltlichen Berufsrecht vor. Unter anderem sollen die Formerfordernisse für Gebühren- und Haftungsbegrenzungsvereinbarungen erleichtert werden; künftig soll Textform für beides genügen.
Die BRAK weist jedoch auf eine Ungereimtheit im Zusammenhang mit der Einladung zu Kammerversammlungen hin, die zu unnötigem Mehraufwand für die Rechtsanwaltskammern führt. Anstelle der bisherigen Möglichkeit, durch Veröffentlichung in den Kammermitteilungen einzuladen, wurde im Jahr 2021 geregelt, dass die Einladung ausschließlich schriftlich erfolgen kann. Die Schriftform kann zwar durch eine vom Präsidenten oder der Präsidentin der Kammer qualifiziert elektronisch signierte Einladung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ersetzt werden. Für die nicht-anwaltlichen Pflichtmitglieder der Kammern ist dies jedoch nicht möglich, da diese kein beA haben; hier ist weiterhin postalischer Versand erforderlich.
Die BRAK weist insofern auf eine Reihe praktischer Gesichtspunkte hin. Aus ihrer Sicht besteht kein Grund, an dem Schriftformerfordernis festzuhalten. Sie regt an, Einladungen zur Kammerversammlung in Textform genügen zu lassen und einen Versand über das beA als Regelfall vorzusehen. Zudem sollten nicht-anwaltliche Pflichtmitglieder mit vergleichbaren besonderen elektronischen Postfächern, wie etwa Steuerberaterinnen und -berater, ebenfalls über diese eingeladen werden können. |
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Seminare der Rechtsanwaltskammer Hamm |
Sie können in der nächsten Zeit noch an folgenden Seminaren der Rechtsanwaltskammer Hamm teilnehmen:
Die Teilnahmegebühr beträgt 90,00 €. Bitte beachten Sie unsere Anmeldebedingungen. |
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Anwaltliche Unterstützer gesucht: 12. Soldan Moot zur anwaltlichen Berufspraxis 2024 |
Der Hans Soldan Moot Court zur anwaltlichen Berufspraxis geht dieses Jahr in die zwölfte Runde.
Traten im Gründungsjahr noch 12 Teams gegeneinander an, nahmen im letzten Jahr Teams von 20 Universitäten teil. Um diese Erfolgsgeschichte fortschreiben zu können, ist die Durchführung des Wettbewerbs auch in diesem Jahr auf Praktikerinnen und Praktiker angewiesen, die die Verhandlungen leiten und die Leistungen in Schriftsätzen und Verhandlungen bewerten.
Neben der Tätigkeit als Juror oder Richter wird die Unterstützung durch Praktikerinnen und Praktiker insbesondere bei der Korrektur der Schriftsätze benötigt. Diese müssen hinsichtlich der Schlüssigkeit, der Überzeugungskraft und des Stils nach der aus dem Deutschen Richtergesetz bekannten Punkteskala von 0 bis 18 Punkten bewertet werden. Dafür erhält jeder Korrektor jeweils zwei aufeinander bezugnehmende Kläger- und Beklagtenschriftsätze. Die Bereitstellung der Klägerschriftsätze wird im August erfolgen, die darauf bezugnehmenden Beklagtenschriftsätze werden Anfang September verschickt. Die Korrekturfrist ist der 01.10.2024.
Gleichfalls werden für die mündlichen Verhandlungen in Hannover vom 10. bis zum 12.10.2024 Volljuristen gesucht, die als Richter und/oder Juror an den Verhandlungen mitwirken.
Jede der mündlichen Verhandlungen muss von zwei Juroren bewertet und von einem Vorsitzenden Richter geleitet werden. Dem Vorsitzenden obliegt dabei auch die Aufgabe, auf eine faire Zeiteinteilung zwischen den Plädierenden zu achten. Die Juroren greifen demgegenüber nicht in die Verhandlung ein, sondern bewerten die Leistung der Studierenden hinsichtlich rechtlicher Überzeugungskraft, Stil, Sprache und Schlüssigkeit.
Der Wettbewerb lebt von dem ehrenamtlichen Engagement der Kolleginnen und Kollegen. Zugleich bietet er eine gute Möglichkeit, mit dem dringend benötigten juristischen Nachwuchs in Kontakt zu treten.
Sollten weitere Fragen bestehen, können Sie die mit der Organisation des Wettbewerbs betrauten Lehrstuhlmitarbeiter jederzeit per Mail unter info@soldanmoot.de erreichen.
Weitere Informationen nebst anschaulichen Videos finden sich außerdem auf der Homepage unter https://soldanmoot.de/. Dort finden Sie auch eine Möglichkeit, sich schon jetzt online für den Wettbewerb anzumelden: https://soldanmoot.de/anmeldung/#anmeldung-richter. |
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Impressum
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Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm
Körperschaft des öffentlichen Rechts, vertreten durch den Präsidenten,
Ostenallee 18, 59063 Hamm
Tel.: 02381/985000, E-Mail: info@rak-hamm.de, Internet: www.rak-hamm.de
Redaktion und Bearbeitung: RA Stefan Peitscher
Zuständige Aufsichtsbehörde:
Der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm
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